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23.02.2015

T-Mobile: Warum der Cloud vertrauen?

Der Vorstand der EuroCloud.Austria, Dr. Tobias Höllwarth, erläutert im Interview, warum sich Unternehmen jeglicher Größe mit Cloud Computing befassen müssen und den Schutz ihrer Daten besser Profis überlassen und der Cloud vertrauen können. Denn die Cloud ist heute das, was die Elektrizität vor 100 Jahren war.

Frage: Die österreichische Wirtschaft nutzt Cloud Computing noch sehr zaghaft. Das hat etwa eine Eurostat-Studie gezeigt. Warum eigentlich?

Dr. Tobias Höllwarth: Weil sich weder die Politik noch die Wirtschaft, insbesondere die Kammer, oder Ausbildungsstätten wie Universitäten und Fachhochschulen, mit dem Thema Cloud Computing bisher ernsthaft auseinandersetzen. Es scheint, als ob viele noch nicht erkannt haben, dass sich die Rahmenbedingungen rasch ändern und grundlegende Anpassungen erforderlich sind. Wenn man weiter auf Tradition setzt und sich mit dem Status-Quo zufrieden gibt, wird man in diesem Bereich ins nächste Desaster laufen.

Frage: Ist die Situation so dramatisch?

Dr. Tobias Höllwarth: Mobile, Social Media, Big Data und Cloud – das sind die vier wichtigen Treiber, die Wirtschaft und Gesellschaft auf fundamentale Weise verändern. Mobile ist gut verständlich, Social Media wird genutzt. Man hat auch erkannt, dass durch die geschickte Analyse von Daten Geld zu verdienen ist, und beschäftigt sich damit. Aber mit Cloud Computing können viele nichts anfangen, ignorieren den Trend, oder fürchten sich vor dem Risiko, das sie nicht abschätzen können.

Frage: Warum ist Cloud Computing so wichtig?

Dr. Tobias Höllwarth: Cloud Computing ist im wahrsten Sinne ein wirklicher „Game-Changer“ – so wichtig wie etwa die Elektrizität vor 100 Jahren. Ein Handwerker konnte früher so viel herstellen, wie seine Arbeitskraft eben erlaubte. Mithilfe der Elektrizität konnte er Maschinen betreiben und damit einen höheren Output erzielen, und wenn er das richtige Produkt hatte, ein Weltbetrieb werden.

Bei Cloud Computing ist das ähnlich, denn selbst die kleinsten Betriebe erhalten so Zugang zu Technologien, die bis vor kurzem nur den ganz großen vorbehalten waren. Wenn Sie heute als junger Mensch eine attraktive Software entwickeln, bei der der Business Case passt, dann können Sie diese mithilfe der Cloud morgen bereits für Million Kunden betreiben. Die Cloud eröffnet beliebige Produktionsmittel– das Internet ist ihr weltweiter Distributionskanal.

Frage: Gerade KMU haben Angst, ihre Daten jemandem anderen anzuvertrauen. Sie nutzen Cloud Computing nicht, weil sie glauben, dass es keine Sicherheit bietet. Wie begegnen Sie solchen Vorbehalten?

Dr. Tobias Höllwarth: Es ist naiv zu glauben, dass ein KMU seine eigene IT auch nur annähernd sicher gestalten kann. Nur weil jemand seinen Computer unter dem Schreibtisch stehen hat, bedeutet das ja nicht, dass die Daten darauf sicher vor unberechtigtem Zugriff sind. 80 Prozent der Bedrohungen stammen übrigens von den eigenen Mitarbeitern. Auch Edward Snowden war ein interner Mitarbeiter und kein Hacker. Die Frage, wie sich ein Unternehmen davor schützt, ist also wichtig.

Daten sind das Gold unserer Zeit, und niemand verstaut sein Gold unter dem eigenen Bett. Es ist klüger, Unternehmen zu vertrauen, die echte Sicherheit und Datenschutz bieten können. Professionelle Cloud Unternehmen wissen, dass Sie in einer Minute vom Markt verschwunden sind, wenn bekannt werden würde, dass die Kundendaten nicht sicher sind. Noch ein Satz zu den Sicherheitsbedenken: Vor etwas Unbekanntem hat man immer Angst – das liegt in der Natur des Menschen. Das einzig wirksame Mittel dagegen ist, sich damit auseinanderzusetzen und Risikobewertungen und Gegenmaßnahmen zu setzen.

Frage: Allerdings wird sich nicht jeder Firmenchef zum Spezialisten für Cloud Computing ausbilden lassen können.

Dr. Tobias Höllwarth: Das ist auch völlig unnötig. Es geht um ein grundsätzliches Verständnis. Es gibt heute viele Dinge, die fast alle nutzen, aber nur wenige verstehen, wie sie wirklich funktionieren. Nehmen Sie das Auto. Das reparieren Sie ja auch nicht selbst. Sie wissen aber, was Sie brauchen, um es sicher in Betrieb zu nehmen: Eine Versicherung, eine Nummerntafel, einen Führerschein, die Kenntnis der Verkehrsregeln, Treibstoff und ein Pickerl. Wegen dieser Plakette vertrauen Sie darauf, dass das Gefährt gefahrlos funktioniert.

Bei Cloud Computing ist es ähnlich: Kenntnisse über die Funktion, mögliche Qualitätsmerkmale, Qualitätssicherung und Risikoreduktion sind erforderlich, um Technologie nutzen zu können. Diese Grundkenntnisse haben 99 Prozent der österreichischen Betriebe derzeit aber nicht, und es ist sehr schwierig, am österreichischen Markt das entsprechende Know-how zu bekommen. Ziel von EuroCloud.Austria ist es, dass österreichische Firmen leichten Zugang zu den wesentlichsten Informationen kommen.

Frage: Was raten Sie einem kleineren österreichischen Unternehmen, das sich entschließt, Cloud Computing zu nutzen.

Dr. Tobias Höllwarth: Zunächst muss sich das Unternehmen zwei Fragen stellen: Welche Cloud-Services machen für das eigene Unternehmen Sinn? Das muss es selbst wissen, oder sich von einem IT-Berater helfen lassen. Bei der zweiten Frage geht es um die Auswahl des richtigen Cloud Computing-Anbieters, und die ist ohne Unterstützung wirklich nicht leicht zu beantworten. Wir haben das europäische Zertifizierungsinstrument EuroCloud StarAudit entwickelt, welches Interessenten dabei hilft, den eigenen Bedarf genauer zu spezifizieren und mit potentiellen Anbietern in auf ein adäquates Gesprächsniveau zu kommen.

Frage: Oft nutzen Mitarbeiter Cloud Services von sich aus, ohne dies vorher mit der IT oder dem Management abzuklären. Zwingt dieser Trend die Firmen nicht dazu, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen?

Dr. Tobias Höllwarth: Viele Firmen unterschätzen die eigene „Schatten-IT“. Ein Beispiel: Ein großes Österreichisches Unternehmen wollte wissen, wie viele verschiedene Cloud-Dienste die eigenen Mitarbeiter von sich aus nutzen. Das Management ist davon ausgegangen, dass es 30 bis maximal 50 sein werden. Eine genaue Analyse hat gezeigt, dass es 700 verschiedene Anwendungen sind, und 150 davon verwendet werden, um Daten hochzuladen.

Fragen: Wie kann ein Unternehmen einen solchen Wildwuchs in den Griff bekommen, der ja für die IT-Sicherheit ein großes Problem darstellt?

Dr. Tobias Höllwarth: Dazu sind mehrere Schritte notwendig. Das Management muss über die Risiken aufklären, und Regeln für die Mitarbeiter aufstellen, an die sie sich halten können. Der Betrieb muss technische Barrieren einbauen und vor allem: Er muss Cloud-Lösungen anbieten, die zum Unternehmen und dem Einsatzzweck passen. Manchmal brauche ich eine Laubsäge, manchmal muss die Motorsäge ran. Wenn ein Mitarbeiter mit geeigneten Cloud-Diensten arbeiten darf, die vom Unternehmen vorbereitet wurden – warum sollte er dann noch auf andere zurückgreifen? Die Unternehmen müssen proaktiv sein, um das Problem der Schatten-IT in den Begriff zu bekommen.

Frage: Was sind die nächsten wichtigen Maßnahmen der EuroCloud.Austria?

Dr. Tobias Höllwarth: Wir bereiten die Erstellung eines „Cloud-Koffers“ für alle Schulstufen vor. Im Juni wird es eine Veranstaltung über Datenschutz in den Praxisbetrieb geben. Das Thema ist spröde, aber in Österreich und Deutschland ein USP für Cloud-Services. Dabei werden wir auch eine Checkliste erstellen, welche gesetzlichen Regelungen die Nutzung von Cloud-Services behindern.

Dann werden wir noch ein Treffen zwischen Forschern aus der Wissenschaft und der Wirtschaft organisieren, um herauszufinden, welche Themen und Trends uns alle in 3 bis 5 Jahren bewegen werden. Unsere Trust in Cloud Initiative werden wir weiter nach Deutschland und Italien ausrollen. Die Trust in Cloud Initiative ist wirklich einzigartig, denn hier arbeiten 15 Unternehmen jeglicher Größe zusammen, die im normalen Geschäftsleben in starker Konkurrenz zueinander stehen.

Quelle