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Die Cloud-Strategie von Lenzing
Das Gespräch mit Hannes Ruess führte Tobias Höllwarth (EuroCloud Austria) im März 2016 in Wien.
Der digitale Wandel ist unaufhaltsam und wird rückständige Unternehmen künftig hinwegfegen. Um das zu verhindern, müssen sich IT-Leiter bzw. CIOs vom Bewahrer zum Gestalter – und manchmal gar zum Störenfried – entwickeln. Denn oft gilt es, neue technologische Wege zu beschreiten, die ein Scheitern nicht ausschließen. Der gezielte Einsatz von Cloud Computing innerhalb der IT-Strategie ermöglicht jedenfalls den meisten Unternehmen agilere und flexiblere Infrastrukturen, Steigerungen der Effizienz und auf längere Sicht beträchtliche Kosteneinsparungen. Aus diesen und anderen Gründen setzt auch der weltweit führende Faserhersteller Lenzing AG immer öfter auf Cloud-Lösungen.
Genaue Prüfung Case by Case
Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen in Österreich, die hier noch etwas zaghaft agieren, hat Lenzing AG die Notwendigkeit der Zeit und die neuen Rahmenbedingungen längst erkannt. CIO Ruess ist zwar offen für neue technische Lösungen, auch jene aus der „Wolke“, doch „wir springen nicht mit allem und jedem in die Cloud, sondern schauen uns sowohl den Anbieter von Cloud Services als auch die konkrete Lösung sehr genau an“. Denn der erfahrene IT-Chef sucht stets nach der besten Lösung, die im Wesentlichen durch die beste Variante einer Prozessabbildung bestimmt wird und nicht zwingend eine On-Premise-Lösung sein muss, wie noch vor wenigen Jahren. „Wenn die Cloud als die bessere Lösung erscheint, dann wird sie auch als erste Variante untersucht“, sagt Ruess.
Ob also Cloud oder On-Premise der richtige Weg ist, entscheidet der CIO Case by Case, stellt dabei die Funktionalität und den Unternehmensnutzen in den Vordergrund und bewertet immer auch die zur Übermittlung geplanten Daten.
Manchmal jedoch werde der Schritt hin zur Nutzung bestimmter sinnvoller Cloud-Lösungen durch die Notwendigkeit gebremst, den bestehenden Betrieb mit all seinen Schnittstellen dahinter gemäß den cloudtechnischen Erfordernissen permanent und in kurzen Updatezyklen nachzurüsten, wozu Lenzing – wie auch viele andere Konzerne – organisatorisch nicht immer in der Lage ist. Ruess: „Da wird es noch viel Kompromissbereitschaft sowie technische Lösungen seitens der Hersteller brauchen.“
Vereinfachte Prozesse bei Störungsmeldungen
Essenziell für die digitale Transformation seien jedenfalls die Zusammenarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg und der Datenaustausch mit Marktteilnehmern. Große Vorteile bieten Cloud-Lösungen in vielen Bereichen der Prozessabwicklung und im Fall von Lenzing AG insbesondere bei der Plant Maintenance, also der Instandhaltung nach Maß. Was hier innovative Digitalisierungsmaßnahmen bedeuten können, skizziert CIO Hannes Ruess anhand eines konkreten Beispiels: „Wir sind eine investitionsgetriebene Branche, denn alles, was zur Produktion notwendig ist, ist sehr kapitalintensiv. Daher haben wir einen riesigen Plant-Maintenance-Aufwand zu treiben, also Instandhaltung nach Maß, schließlich laufen unsere Anlagen 24/7, also rund um die Uhr. Diese Plant Maintenance (PM) ist ein digital unterstützter Prozess, integriert über die gesamte ERP-Logik (Enterprise Resource Planning). Bisher waren
Sicherheit und Compliance bei heiklen Daten
Für den IT-Experten besteht die große Herausforderung generell darin, einerseits den komplexen Anforderungen des digitalen Wandels zu genügen und andererseits die notwendige Stabilität und Sicherheit für die zentralen Geschäftsprozesse zu gewährleisten. Deshalb wird viel Augenmerk auf die Auswahl der Cloud-Partner gelegt und konsequent zwischen sensiblen und „harmlosen“ Daten unterschieden. Dennoch wird in der Lenzing AG – neben der Abwicklung der Instandhaltung, der Lademittel-Gestellung und Transportlogistik (siehe Interview) sowie der Personalentwicklung – die Cloud auch zur Speicherung und Übermittlung von streng vertraulichen Informationen eingesetzt, sowohl im Unternehmen als auch hin zum Aufsichtsrat und zu den Entwicklungspartnern. Also in wirklich kritischen Bereichen, wo es um die Zukunft des Unternehmens, um heikle Dokumentationen und Kommunikationsinhalte oder um Aufsichtspflichten gemäß des Börsengesetzes geht. Denn, so IT-Chef Ruess, oft werde über diese Lösung ein höheres Maß an Sicherheit und Compliance erreicht als auf herkömmlichen Wegen. Entscheidend dafür ist u. a. das Provider Shielding, weil dadurch im Vergleich zu einer internen Lösung mittels Administrator auf die Inhalte nicht durch Dritte zugegriffen werden kann. Das sei gerade in solchen essenziellen Bereichen eines Unternehmens von enormem Vorteil, ist Ruess überzeugt.Eine erfolgreiche IT-Strategie in all diesen Bereichen besteht für CIO Hannes Ruess prinzipiell darin, die digitale Transformation aktiv zu betreiben. „So können wir unsere Selbstbestimmung wahren.“ Bremsen oder sich Verweigern funktioniert hier nicht, denn man kann sich dem umfassenden Wandel nicht mehr verschließen. Damit geht nicht zuletzt auch ein Kulturwandel im Unternehmen einher: Mitarbeiter müssen lernen, mit den neuen Möglichkeiten umzugehen und diese zu nutzen. Und dabei gehören alle Generationen abgeholt, um Konflikte zu vermeiden. Das sei viel Arbeit, aber auch eine große Chance. „Wichtig sind Offenheit im Denken und gute Ideen“, sagt Ruess. Dann lassen sich auch erforderliche Investitionen sinnvoll argumentieren.
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