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18.03.2015

Computerwelt: "Wir brauchen Leute mit Cloud-Erfahrung"

Auch die öffentliche Verwaltung kommt angesichts der potentiellen Vorteile und Einsparpotentiale nicht mehr ohne Cloud aus. Das will Roland Ledinger, CIO des Bundeskanzleramtes, auch gar nicht. Was er dagegen schon will, sind Mitarbeiter mit Cloud-Knowhow. Im Rahmen der Initiative "Trust in Cloud" erklärt er, wo Cloud-Lösungen bereits Einsatz finden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden und wo die größten Zukunftschancen liegen.

Roland Ledinger ist als CIO für die IKT des Bundeskanzleramtes sowie für die IKT-Koordination in der öffentlichen Verwaltung zuständig.

Wien – Das Bundeskanzleramt (BKA) ist für die Regierungskoordination, den öffentlichen Dienst, die Verwaltungsreform, den Bundespressedienst, die Verfassung sowie für Kunst und Kultur zuständig. In diesem umfassenden Aufgabenbereich sind gerade bei der E-Government-Strategie und deren Umsetzung neue IT-Entwicklungen und -Services von großer Relevanz. So hat das BKA bereits vor drei Jahren Cloud Computing für den Einsatz in der öffentlichen Verwaltung evaluiert und dazu ein Grundsatzpapier erarbeitet. Im Rahmen der Initiative »Trust in Cloud« erklärt Roland Ledinger, als CIO für die IKT des Bundeskanzleramtes sowie für die IKT-Koordination in der öffentlichen Verwaltung zuständig, wo Cloud-Lösungen bereits Einsatz finden, nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden, wo die größten Zukunftschancen liegen und worin heute (noch) die Herausforderungen bei der Nutzung bestehen.

Welche Rolle spielt Cloud Computing für Ihre Organisation?
Cloud Computing schafft Synergien, Standardisierung und Kosteneinsparung. Daher muss auch die öffentliche Verwaltung den Einsatz von Cloud-Services laufend prüfen. In der öffentlichen Verwaltung ist dies aber immer unter dem Aspekt der Verwaltung und Verarbeitung vertrauenswürdiger Daten zu sehen, nämlich den Daten von BürgerInnen und Unternehmen.

Haben Sie im BKA bereits eine Cloud-Strategie für die nächsten zwei, drei Jahre entwickelt?
Es wurde für die öffentliche Verwaltung ein Positionspapier erarbeitet, wie und unter welchen Umständen Cloud Computing eingesetzt werden kann. Wir evaluieren das laufend, etwa welche neuen Möglichkeiten im Bereich Services und Dienste es dazu gibt. Dies ist derzeit im Wesentlichen nur dort denkbar, wo es um öffentliche Daten geht.

Welche Cloud-Lösungen kommen im BKA bereits zum Einsatz?
Wir nutzen Cloud-Lösungen für den Austausch und die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten. Dokumente sind unser Produkt. Durch die Bündelung von IKT-Services nutzen wir das in verschiedenen Ausprägungen, wie etwa beim ELAK (sofort einsetzbar, Kosten pro User und Monat) als Software as a Service. Für die Zusammenarbeit mit externen Stellen zur Erstellung von Dokumenten nutzen wir ein Cloud-Service zur Kollaboration.

Wie gehen Sie mit der Vielzahl der Bedenken um, die gegenüber Cloud Computing geäußert werden?
Im bereits erwähnten Positionspapier haben wir alle Aspekte für die öffentliche Verwaltung betrachtet und hier insbesondere das Thema Datenschutz sowie rechtliche Rahmenbedingungen, Abhängigkeiten und technische Aspekte fokussiert. Durch das Beschäftigen mit der Materie konnten einzelne Bedenken ausgeräumt und der Umgang mit Risiken definiert werden. So ist der Anwendungsbereich einfacher einzuschätzen.

Ist die Abhängigkeit von Anbietern ein großes Problem für Sie?
Wenn wir uns entscheiden, externe Services in Anspruch zu nehmen, dann ist für uns auch klar, dass wir das interne Know-how abbauen und damit irgendwann diesen Prozess nicht mehr rückführen können. Dieses Thema müssen wir langfristig immer im Blick haben, um unsere Infrastrukturen entsprechend abzusichern.

Wie stellen Sie sicher, dass Fachabteilungen wissen, in welcher Form Cloud-Services möglich oder untersagt sind?
In den meisten öffentlichen Stellen werden IT-Lösungen und damit die Anwendung von Cloud-Services über die jeweiligen IKT-Abteilungen, also dezentral, abgewickelt. Im BKA wird die Nutzung, etwa von Umfrage-Services in der Cloud, auch von der IT-Abteilung bestellt. Da besteht in der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich eine klare Policy, wer was wann darf, und das gilt auch für die Cloud.

Wie stellen Sie sicher, dass die IT-Mitarbeiter das dafür erforderliche Knowhow haben?
Das ist in der Tat ein überaus wichtiger Aspekt. Wir haben zwar eine eigene Arbeitsgruppe zum Thema Cloud Computing eingerichtet, die zentrale Frage liegt aber in der Verbreitung dieses Wissens. Wie kommt es zu den einzelnen MitarbeiterInnenn und in welcher Form kommt es dort an. Hier und in der Ausbildung der MitarbeiterInnen haben wir sicher noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.

Ist es schwierig, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen?
Das ist ein Dauerbrenner bei uns, weil wir in der öffentlichen Verwaltung im Vergleich ganz einfach schlecht bezahlen und nicht sehr flexible Rahmenbedingungen vorfinden. Grundsätzlich ist es aber für alle Organisationen eine Herausforderung, diese breite Kompetenz zu finden. Wir brauchen Menschen mit Erfahrung – auch solche, die vielleicht das eine oder andere Projekt in den Sand gesetzt haben, dadurch aber jetzt wissen, wo man ansetzen muss.

Wie prüfen Sie die Qualität eines Cloud-Services, bevor Sie es einsetzen?
Das ist von der Anforderung und vom Anwendungsfall abhängig. Bis zu einem gewissen Grad kann man allgemeine Punkte über Checklisten evaluieren, die man dann auch auf die Organisationseinheiten abstimmen muss. Die restlichen Anforderungen müssen dann auf den Fall hin geprüft werden. Hier ist man im Spannungsfeld zwischen einer schnellen Lösung und einer konkreten Detailprüfung. Eine Standardisierung und Einordnung von angebotenen Cloud-Services würden hier sicher hilfreich sein. Ein wichtiger Punkt ist auch die Lizenzpolitik der Anbieter, besonders im Softwarebereich. Die Entscheidung, in die Cloud zu gehen, ist die eine, Lizenzen zu kaufen oder zu mieten, die andere. Software-Hersteller benutzen in der Kundenbindung immer stärker Mietmodelle und Cloud-Services, um einen Lock­in-Effekt zu erreichen.

ROLAND LEDINGER
Ab 1995 war Roland Ledinger für die IT-Rechenzentren des Bundeskanzleramtes verantwortlich, seit 2001 ist er mit der Projektleitung von »ELAK im Bund« betraut. Von 2002 bis 2005 war er Leiter der Abteilung I/9 IKT-Zentrum des BKA und seit 2005 ist Ledinger Leiter des Bereiches IKT-Strategie des Bundes im Bundeskanzleramt sowie Geschäftsführer der Plattform Digitales Österreich.